Daniela Decurtins:
Vom Journalismus zur Verbandsführung

Nach ihrem Studium war sie über 17 Jahre lang beim Zürcher «Tages Anzeiger» als Journalistin und zuletzt als stellvertretende Chefredaktorin tätig, bevor sie 2012 als Direktorin des Verbands der Schweizerischen Gasindustrie gewählt wurde. In dieser Funktion steht sie derzeit – zusammen mit Politik und anderen Playern – in der Energiekrise mittendrin im Krisenmanagement: Daniela Decurtins, EMBA-Absolventin und vielfach engagierte HSG-Alumna.

 

Daniela Decurtins hat ihr Erststudium der Geschichte, Volkswirtschaft und Politischen Wissenschaften an der Universität Zürich absolviert (1985 bis 1993) und ist erst für den Executive Master of Business Administration in General Management (EMBA, 2009 bis 2011) an die HSG gekommen. Dennoch engagiert sie sich als Co-Präsidentin der EMBA Alumni und Vorstandsmitglied von HSG Alumni intensiv vor allem an ihrer zweiten «alma mater». Sie spricht denn auch von «extrem viel», das sie von der Universität St. Gallen in guter Erinnerung hat: «Die Kolleginnen und Kollegen aus den unterschiedlichsten Sparten, mit unterschiedlichem Erfahrungshintergrund. Verschiedene Dozierende, die Breite an Themen, die Art, wie gearbeitet wurde und was auch geblieben ist. Das WBZ als Ort mit dem Blick ins Grüne.»

Berufswechsel nach dem EMBA

Dass sie vom Journalismus und der Führungsfunktion im Medienbereich zum Verband der Gasindustrie wechselte, war nicht so vorgesehen. «Ich hatte nicht nochmals studiert, um mich zu verändern», sagt sie im Rückblick: «Aber das Studium hat die Freude an Fragen des strategischen Managements gefördert. Nach einem Jahr kam die Anfrage eines Headhunters, und so kam ich in den Bewerbungsprozess.»

Seit 10 Jahren führt sie nun die Geschäfte des Verbands, der mit rund 22 Vollzeitstellen eine breite Palette von Innovation und Forschung über die Branchenpolitik und Standards bis hin zur Weiterbildung abdeckt. Den damaligen Branchenwechsel empfand sie nicht als so gross, wie es von aussen scheinen mag: «Da mich das Thema Energie als Journalistin schon immer stark interessiert hatte, war der Wechsel zum VSG eine Chance, die mich sehr gereizt hat, und ich empfinde es nach wie vor als eine sehr spannende Aufgabe, die immer wieder neue Herausforderungen mit sich bringt.»

Ihren Job erfährt sie als «ausgesprochen vielseitig». Es brauche ein umfangreiches Stakeholdermanagement, inner- und ausserhalb der Branche, sagt sie, und ergänzt: «Man kann führen und gestalten. Es braucht in diesem Umfeld jedoch auch eine gewisse Geduld und Ausdauervermögen.» Tatsächlich ist die Branche praktisch vollständig im Verband dabei: Mitglieder des VSG sind rund 90 Gasversorgungsunternehmen in der ganzen Schweiz, die sich mehrheitlich in öffentlicher Hand befinden.

Und die Bedeutung des Energieträgers ist unbestritten gross: Gas macht in der Schweiz rund 15 Prozent des Endenergieverbrauchs aus und ist damit ein wichtiger Energieträger, insbesondere für die Industrie. Daniela betont auch, dass Gas eine wichtige Rolle bei der Dekarbonisierung unseres Energiesystem spiele: «Biogas, synthetisches Methan und grüner Wasserstoff werden künftig immer wichtiger in der Gasversorgung, in Kombination mit Technologien wie Power-to-Gas oder Wärme-Kraft-Kopplung.»

Interesse sprunghaft angestiegen

Die Energiekrise hat Vertreter:innen der Energiebranche zu gefragten Gesprächspartner:innen gemacht, was sie als «spannende Erfahrung» wertet: Derzeit ist sie zwei bis drei Mal pro Woche an Tagungen und Anlässen unterwegs, um über die Situation aus erster Hand zu berichten – vor kurzem übrigens auch in einem Webinar von HSG Alumni. Aktuell stehen in ihrem Fokus vor allem die Arbeiten, um die Versorgungssicherheit in diesem Winter sicherzustellen und die Massnahmen bei einer Gasmangellage: «Wir arbeiten aber inzwischen bereits an der Frage, wie wir die Versorgung im Winter 2023/24 sicherstellen können. Das sind grosse Herausforderungen, die auf uns zukommen.»

Die Branche konnte erfolgreich eine Gasreserve für den kommenden Winter aufbauen. Gleichzeitig wurde eine Kriseninterventionsorganisation (KIO) Gas aufgebaut. Sie beobachtet die aktuellen Entwicklungen und unterstützt bei einer Mangellage die Netzbetreiber bei der Umsetzung der Massnahmen, die der Bund anordnet.

«Die hohen Energiepreise sind für die Schweizer Wirtschaft eine enorme Herausforderung», erklärt Daniela Decurtins. Gleichzeitig sieht sie nicht nur die Probleme, sondern ergänzt mit Blick auf die Zukunft: «In einer mittel- und langfristigen Perspektive dürften die steigenden Preise die Transformation in erneuerbare Energie beschleunigen. Dies ist unter dem Aspekt des Klimaschutzes ein Schritt in die richtige Richtung. Für die Gaswirtschaft heisst das, dass Biogas, synthetisches Methan und Wasserstoff noch viel stärker gefördert werden müssen.»

Energie für weitere Engagements

Bereits als Journalistin war sie im Tagi-Wirtschaftsressort auch für Energie zuständig und hatte zwei Welterdgas-Kongresse in Kopenhagen und Nizza besucht – bereitete sich also auf die spätere Position vor, ohne dies zu wissen. Ihre persönliche Energie holt sie sich heute im Sport (Tennis, Laufen, Wandern) und guten sozialen Kontakten. Ihre Energie reicht trotz anspruchsvollem Job auch zu ehrenamtlichen Engagements, zum Beispiel bei der Gönnervereinigung für den Nachwuchs des FC Zürich und – schon erwähnt – bei HSG Alumni und bei den EMBA HSG Alumni, wo sie ein Jahr nach ihrem Abschluss in den Vorstand kam, seit bald zwei Jahren Co-Präsidentin ist und auch noch die Jury des NZZ-Preises für die beste Masterarbeit präsidiert.

«Ungeheuer viel Energie und ein Bewusstsein der eigenen Möglichkeiten» gibt es ihr auch, wenn sie das eigene Führungsverhalten immer wieder hinterfragt und sich neue Zugänge und Instrumente in verschiedenen Fragestellungen erschliesst. Die natürliche Neugier der Journalistin hat sie sich definitiv bewahrt.

Autor: Roger Tinner | Bild: Hannes Thalmann

Erschienen im alma 01/2023:

Weitere Infos: https://issuu.com/hsgalumni/docs/alma_2023-1

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