EMBA HSG Alumni:
Webtalk mit Prof. Dr. Rudolf Minsch

Anlässlich eines Webtalks, organisiert von den EMBA HSG Alumni, gab Prof. Dr. Rudolf Minsch eine wirtschaftliche Einordnung der Auswirkungen des Kriegs Russlands in der Ukraine. Der Chefökonom von economiesuisse, dem Dachverband der Schweizer Wirtschaft, äusserte sich zu Sanktionen und möglichen Auswirkungen der aktuellen Entwicklungen auf die Schweizer Wirtschaft.

Historischer Rückblick

Um die möglichen Beweggründe des russischen Präsidenten Putins für den Einmarsch seiner Truppen in die Ukraine zu verstehen, begann Prof. Minsch mit einem Rückblick auf die politischen Landkarten in den vergangenen Jahrzehnten. Nach der Annexion der strategisch wichtigen Halbinsel Krim sei es für Russland wohl elementar wichtig, auch Kontrolle über die Ukraine zu haben bzw. diese nicht an die NATO zu verlieren. Der zangenartige Angriff in der Nacht von vorgestern auf gestern sei sicherlich langfristig geplant gewesen. «Die grosse Gefahr liegt jetzt darin, dass die Situation weiter eskaliert und es einen – noch nicht einmal strategisch bewussten – Angriff auf einen NATO-Staat, beispielsweise Polen, gibt. Dann müsste die NATO aktiv reagieren.»

Sanktionen und Auswirkungen auf die Schweizer Wirtschaft

Die bisherigen Sanktionen bewertet Prof. Dr. Minsch als wenig zwingend. «In der Vergangenheit wurde mit internationalen Sanktionen verhältnismässig wenig erreicht. In Kuba und dem Iran hätten die Regime damit gut leben können. «Die meisten Sanktionen treffen die Zivilbevölkerung und nicht die herrschende Klasse. Um wirklich Wirkung zu erzielen, müssten diese ungleich härter sein und wirklich das Regime und die Regierung treffen», so seine Einschätzung. Aus ökonomischer Sicht seien die aktuellen Sanktionen nicht ausreichend. Aktuell möchte aber niemand die Folgen tragen, die Sanktionen mit sich bringen, weil sie auch den Sanktionierer betreffen. «Aus meiner Sicht würde Russland ein Ausschluss aus dem weltweiten Zahlungssystem SWIFT ziemlich weh tun.»

Mit Blick auf die Schweizer Wirtschaft zeigte Minsch auf, dass die Ukraine als Wirtschaftspartner für die Schweiz nicht essenziell sei. Der «Quasi-Rückfall» in den Kalten Krieg stelle jedoch eine immense Gefahr für die globale Wirtschaft dar. Die Börsen seien abgestürzt, vor allem die russische und die ukrainische hätten massiv verloren. Man könnte von einem Harakiri-Kalkül seitens Putin sprechen, da vor allem die eigene Wirtschaft stark in Mitleidenschaft gezogen werde. Dabei sei die wirtschaftliche Situation Russlands schon länger angespannt. Auf den Europäischen Markt bezogen, erwartet Prof. Dr. Minsch einen Rückgang der Konjunktur. Man könne nur hoffen, dass es nicht zu einer weiteren Eskalation mit der NATO komme. Für den Fall, dass Russland in der Ukraine ähnlich wie in Weissrussland eine Art «Marionetten-Regierung» installieren würde, wären die rein wirtschaftlichen Konsequenzen seiner Meinung nach überschaubar. 

Prof. Dr. Minsch zu Gasimporten aus Russland: «Wir müssen uns aus Abhängigkeiten lösen»

Auch auf die aktuell vieldiskutierte Abhängigkeit von russischem Gas nahm Prof. Dr. Minsch Bezug. Er zeigt auf, dass sowohl für die Schweiz als auch für das Nachbarland Deutschland etwa 50 Prozent der Gasimporte aus Russland kommen. «Wir müssen uns aus Abhängigkeiten lösen», erklärte Minsch. «Die Abschaltung der AKWs in Deutschland waren in diesem Zusammenhang ein Eigengoal». Mit dem Fokus auf die Energiepreise in der Schweiz verdeutlichte Minsch zunächst, dass der Franken aktuell stark sei. Energiepreissteigerungen wirkten sich demnach weniger stark in der Schweiz aus als in einem Land mit einer schwachen Währung. Zudem habe die Schweizer Volkswirtschaft eine höhere Energieeffizienz als die USA oder Deutschland. Konsumenten geben demnach weniger für Energie aus. Fossile Energien werden in der Schweiz mit höheren Abgaben belastet, als Beispiel nannte er das Tanken. Pro Liter Diesel seien Abgaben von 76 Rappen fällig. Bei einem Preis von 50 Rappen pro Liter Diesel beträgt der Endverkaufspreis inkl. MwSt. 1,36 CHF. Bei einer Steigerung des Erdölpreises um 100 Prozent stiege der Zapfsäulenpreis allerdings entsprechend «nur» um 40 Prozent.

In den abschliessenden Diskussionen mit Co-Präsidentin von EMBA HSG Alumni Daniela Decurtins und den Teilnehmenden des Webtalks bekräftigte Prof. Dr. Minsch auf Nachfrage, dass die derzeitigen Sanktionen Putin nicht stoppen würden. Es müsse aber auch die Flanke zu China geschlossen werden, da sich China wohl nicht den Sanktionen der EU und USA anschliessen werde und Russland so wenig zu befürchten habe. Daniela Decurtins und Stefan Stübi, Co-Präsidenten der EMBA HSG Alumni, zeigten sich sehr zufrieden mit dem Webtalk: «Wir sind bestrebt, unseren Alumni interessante und aktuelle Veranstaltungen mit hochkarätigen Referenten anzubieten und Nutzwert zu stiften. Dass wir mit unserem Webtalk so tagesaktuell waren und Ruedi Minsch derart kompetent, war für uns ein Glücksfall.»

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